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„Sweet Symphony“

oder: „Symphonie“

Prolog | Kapitel 1 | Kapitel 2 | Kapitel 3 | Kapitel 4 | Kapitel 5 | Kapitel 6 | Kapitel 7 (in Arbeit)

Prolog

 

„Erzähl uns eine Geschichte“, wie oft musste ich mir diesen Satz schon anhören. Dabei kann ich gar nicht gut erzählen. Ich erfinde Dinge hinzu, verwechsele Daten und Abläufe... aber es fällt keinem auf. Vielleicht ist aber auch gerade Letzteres eben der Grund, weshalb jeder meine Geschichten hören möchte.

Ich bin dreiunddreißig. Nicht gerade ein schönes Alter für eine Frau, aber es lässt sich nun mal nichts daran ändern. Manchmal frage ich mich, wo die letzten dreißig Jahre eigentlich hin sind, doch sobald ich anfange zu erzählen, merke ich wie viel ich schon gesehen und erlebt habe. Ich bin Ingenieurin. Aus Leidenschaft. Ich liebe meinen Beruf, genauso wie ich meine Kinder und meinen Ehemann liebe. Auf dem Klingelschild unserer eigenen vier Wände stehen unsere Namen: „Hier wohnen Steve & Kathrin, gemeinsam mit Bella, Miley und Simon“. Ich hatte niemals drei Kinder geplant, nur eines, oder zwei. Doch wer kann schon dem Flehen und dem süßen Hundeblick von Steve widerstehen? Niemand. Richtig.

Aber keine Angst, diese Geschichte handelt nicht von mir. Keine meiner Geschichten handelt von mir. Ich finde mich selbst als Person viel zu langweilig, von meiner absolut undramatischen Lebensgeschichte ganz zu schweigen. In meinem Leben ist nicht viel passiert, aber in den Leben meiner Freunde dafür umso mehr. Ich war mehrfach beste Freundin, aber nur bei einer Person konnte ich dieses starke Freundschaftsgefühl und das Vertrauen, das damit in Verbindung steht, ebenso erwidern. Ihr Name ist Abbigail, genannt Abby. Abbigail Summer. Und nein, ich habe mir diesen Namen nicht ausgedacht! Sie heißt wirklich Summer, so wie die Jahreszeit, und im Grunde genommen passt der Name ganz gut zu ihr. Aber ich möchte nicht alles gleich vorwegnehmen.

 

- „Mum?“.

Erschrocken zuckte ich zusammen, sodass das Buch mir aus den Händen glitt und zu Boden fiel. „Simon, Schatz, was ist los Kleiner?“, fragte ich besorgt und winkte den Zehnjährigen zu mir auf das große Doppelbett, in dem ich wie so oft alleine schlief. Der Herr des Hauses schob Nachtschicht, wie so oft in den letzten Jahren. Ich betete jeden Abend dafür, dass ihm auf der Streife nichts zustoßen würde, doch die letzten Jahre war es ja auch gut gegangen, wozu sich also Sorgen machen? „Kathrin, das weißt du“, wies ich mich selbst zurecht und schluckte kurz trocken, ehe ich hastig die Lesebrille von der Nase nahm und unter der Bettdecke Platz für mein jüngstes Kind machte. „Ich kann nicht schlafen“, murmelte der Kleine. „Erzählst du mir eine Geschichte?“.

Damals war es so einfach gewesen. Man erzählte von singenden Vögeln und Regenbögen, sodass die Kinder etwas zum träumen hatten. Heute gestaltet sich das schwieriger, denn die Kinder, die auch damals schon nachgefragt haben, sind heute keine Kinder mehr. Doch nachfragen tun sie nach wie vor. Damals waren es oberflächliche Fragen, wie die nach dem Ende des Regenbogens, über deren Antwort die Kinder einschliefen. Und heute wird es komplexer, schwieriger. Die „Kids“ interessieren sich für Hintergründe, für Beweggründe und für die vielen ungeklärten Fragen, auf die es nie eine Antwort geben wird. Oftmals lassen sie uns mit voller Absicht in Fallen, in eben jene Fragen, treten, auf die es keinerlei Antworten gibt. Das beste Beispiel dafür ist meine Tochter Miley. Ein Wirbelwind schon immer, wenn es um das Erledigen von Hausarbeiten oder Aufgaben für die Schule ging, aber eine geduldige Zuhörerin, wenn es um meine Geschichten oder die Geschichten und Erzählungen anderer geht. Ich denke niemand versteht diese Geschichte besser als sie, also nahm ich sie nach dem Abendessen an einem gemütlichen Samstagabend beiseite, da sie beim Essen wiederholt die Frage gestellt hatte: „Du warst doch auch mal jung, und hattest eine beste Freundin, wie war das damals?“. Verletzt und wütend wie sie war, ein nichtssagender Streit mit der besten Freundin, setzte sie sich schmollend in die Kaminecke des Wohnzimmers und legte die Füße mit den flauschigen Wollsocken auf die Ablage vor dem wärmenden Ofen. „Wie das damals war...“, überlegte ich und starrte eine Zeit lang wie gebannt in die Flammen, während ich mit der Teetasse in meiner Hand spielte. Miley wartete. Sie war geduldig, wenn es um Geschichten ging. Vierzehn war sie, beinahe fünfzehn, wenn ich mich richtig erinnere. „Sie war ein paar Jahre älter als du...“, murmelte ich gedankenversunken. „Wer ist sie?“, fragte Miley und sah mich fragend an. „Wer ist sie, ja...“, murmelte ich und musste lächeln.